Lautloser Sport unter den Wolken,
viel billiger als viele glauben,
leicht zu lernen und einfach schön! 10689484_708409115913132_4064068615697430337_n

Segelfliegen nimmt unter den verschiedenen Sportarten insofern eine Sonderstellung ein, als es wie wohl keine andere den ganzen Menschen beansprucht, Körper, Geist und Gemüt. Wer im Segelflugsport nur eine vergnügliche Wochenendbeschäftigung suchen wollte, müsste sich bald belehren lassen, dass er einer groben Fehleinschätzung unterliegt. Wohl ist Fliegen ein einzigartiges Vergnügen, das den, der es rechtzeitig auszukosten vermag, seiner Lebtag nicht mehr loslässt. Aber dieses Vergnügen lässt sich weder mit blanker Münze einkaufen, noch durch einfaches Training erwerben. Im Flugzeug lernt der Segelflieger, dass er über eine rasche Auffassungsgabe verfügen muss, um den oft blitzschnell wechselnden Anforderungen gerecht zu werden. Gute charakterliche Eigenschaften, kritische Selbstbeobachtung und Urteilsfähigkeit sind unerlässlich.  Segelfliegen erfordert einen hohen Einsatz, viele Opfer an Zeit und Leistung.

Wer Segelflieger werden will, muss lernen, viel lernen. Die theoretische Ausbildung umfasst Themen wie Flugzeugkunde, Instrumentenkunde, Aerodynamik, Wetterkunde, Navigation, menschliches Leistungsvermögen, Funksprechverkehr und Luftrecht. Das alles wird gelehrt und auch geprüft. Bei der praktischen Ausbildung werden die theoretischen Kenntnisse angewendet. Der angehende Pilot wird nicht nur bis zu seinem ersten Alleinflug betreut, sondern auch später immer wieder mit den Gefahren, aber auch mit den Schönheiten des Fliegens vertraut gemacht. Doch nicht nur geistige Voraussetzungen müssen gegeben sein; auch die körperlichen Anforderungen gilt es zu meistern. Zu Beginn eines Flugtages werden die Flugzeuge aus der Halle geräumt oder vom Transportanhänger abgeladen und aufgerüstet. Während des ganzen Tages werden die Flugzeuge von Hand vom Landefeld zur Startstelle geschoben. Oft mehrere Kilometer Fußmarsch an einem einzigen Tag. Weil diese körperlichen Belastungen in frischer Luft und Sonne auftreten, ist Segelfliegen auch ein sehr gesunder Sport. Aus gutem Grund verlangt der Gesetzgeber dennoch, dass jeder Pilot seine Fitness alle zwei Jahre bei einer ärztlichen Flugtauglichkeitsuntersuchung unter Beweis stellt.

In der Werkstatt kommt der Segelflieger vor allem mit handwerklicher Arbeit in Berührung. Er lernt, dass ein Flugzeug sorgfältig gewartet und repariert werden  muss, um den hohen Ansprüchen an Flugsicherheit zu genügen. Er lernt den Umgang mit dem Material und dessen zweckmäßigen Einsatz und lernt, an sich selbst zu arbeiten, sich als Glied einer Kette zu fühlen, sich in die Gemeinschaft zu fügen, sich und seine Fähigkeiten richtig einzuschätzen, bescheiden, rücksichtsvoll und hilfsbereit zu sein; einen Anschiss nicht krumm zu nehmen, schnell und trotzdem überlegt zu handeln und noch viel Anderes.  Segelfliegen ist nur in einer Gemeinschaft möglich. Einzelgänger sind nicht gefragt. Viele Hände müssen helfen, damit jeder mal an die Reihe kommt. Wer für eine Stunde auf dem Flugplatzgelände auftaucht, um „mal eben“ zu fliegen, ist fehl am Platz.  Vor dem Vergnügen steht bei den Segelfliegern wirklich der Schweiß. Vielleicht ist deshalb das Häuflein so klein, gemessen an der Mitgliederzahl anderer Organisationen.

Fliegen vermittelt ein unbeschreibliches Gefühl des Befreitseins und des Glücks. Stolz auf die eigene Leistung, das Wissen um eine ihn tragende verlässliche Gemeinschaft, verbunden mit einer von Menschen geschaffenen Technik, ohne Übermut, sondern stets in dem Bewusstsein, was Unaufmerksamkeit oder gar Leichtsinn dem Piloten selbst und seinen Kameraden bringen kann.

Wie funktioniert Segelfliegen

Segelfliegen ist die populärste Luftsportart. Segelflugzeuge brauchen zum Fliegen keinen Wind.

Sie fliegen auch – und genau so gut Windenstart– wenn es windstill ist. Vögeln gleich nutzen die Segelflieger aufsteigende Luftströme zum Höhengewinn und lautlosen Gleiten unter den Wolken. Beim Start wird das Segelflugzeug durch eine Seilwinde oder ein Motorflugzeug auf eine bestimmte Höhe gebracht. Beim Windenstart werden je nach Länge des Schleppseiles Höhen von ca. 300-500 m über Grund erreicht. Im Flugzeugschlepp entscheidet der Segelflugzeugpilot Höhe und Ort des Ausklinkens. Nach dem Ausklinken des Schleppseiles gleitet der Segler langsam und unvermeidlich dem Erdboden entgegen, bis die Ausgangshöhe verbraucht ist und das Flugzeug landen muss. Bei einer Schlepphöhe von ca. 400 m wäre das Segelflug- zeug nach ca. 5 Minuten wieder am Boden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Segelflug#mediaviewer/File:Windenstart.jpg

Übrigens, auch motorgetriebene Flugzeuge fallen nicht wie ein Stein vom Himmel, wenn mal der Motor stehen bleibt. Jedes Flugzeug gleitet, das eine besser, z.B. Segelflugzeuge mit großen Spannweiten, das andere halt schlechter, z.B. Motorflugzeuge mit kleineren Tragflächen. Wie gut ein Flugzeug gleitet, also seine derzeitige Flughöhe ohne Motorhilfe in Flugstrecke umsetzt, gibt die für jedes Flugzeug vom Hersteller angegebene Gleitzahl an. Leistungssegelflugzeuge mit einer Gleitzahl von beispielsweise 60, können aus einer Höhe von 1 km bei ruhiger Luft noch etwa 60 km weit gleiten. Ein Motorflugzeug, wie beispielsweise die DR400 mit einer Gleitzahl von 9,  kann demzufolge aus der gleichen Höhe nur noch ca. 9 km weit abgleiten, d.h. der Gleitwinkel ist deutlich steiler.

Wie kommt es nun, dass Segelflugzeuge auch viele Stunden in der Luft bleiben und dabei Strecken von über 1000 km ohne Motor zurücklegen. Dies verdanken wir zunächst einmal der Sonne, sie ist der „Motor“ der Segelflieger. Die Sonne heizt den Erdboden, je nach Beschaffenheit oder Bebauung, unterschiedlich stark auf. Dabei wird die darüber liegende Luft unterschiedlich stark erhitzt. Irgendwann löst sich dann so ein aufgeheiztes Luftpolster vom Erdboden ab und steigt nach oben. Diesen Aufwind nennt man Thermik oder in der Segelfliegersprache auch „Bart“.  Während es Gleitfluges versucht der Segelflieger diese Thermik zu finden. Durch ständiges Kreisen in der Thermik lässt sich der Flieger von der aufsteigenden Warmluft noch oben bis unter die Wolken tragen. Dabei sind Steigwerte von bis zu 5 m/s möglich. Beim Streckenflug wird die so gewonnene Höhe durch Abgleiten wieder in Flug- strecke bis zur nächsten Thermik umgesetzt. So ist es möglich stundenlang in der Luft zu bleiben und dabei Hunderte von Kilometern zurückzulegen. Moderne Segelflugzeuge erreichen spielend Geschwindigkeiten von 250 km/h. Der Höhenrekord liegt bei über 15000 Metern, Der aktuelle Streckenweltrekord wurde am 21. Januar 2003 von Klaus Ohlmann in den Anden aufgestellt und beträgt 3008,8 km.

Es gibt noch eine andere Art von Aufwind, den der Segelflieger bisweilen ausnutzt. Das ist der Hangaufwind. Bläst starker Wind gegen ein Hindernis, z.B. gegen einen Hang oder eine Bergkette, so wird er nach oben abgelenkt um über das Hindernis hinwegzukommen. Das heißt, auf der dem Wind zugewandten Seite des Berges entsteht eine Aufwind und auf der dem Wind abgewandten Seite ein Abwind. Auch in diesem Hangaufwind sind stundenlange Flüge mit dem Segelflugzeug möglich.

Übrigens, wo Aufwinde entstehen, entstehen infolge der Luftzirkulation bzw. des Luftaustausches zwangsläufig auch Abwinde. Diese werden fälschlicherweise oft als sog. „Luftlöcher“ bezeichnet und stellen grundsätzlich keine Gefahr dar. Sie werden vom Segelflieger einfach durchflogen.

Warum müssen Segelflugzeuge manchmal Außenlanden

Nachdem die Sonne der Motor der Segelflieger ist, wird es auch verständlich, dass bei bedecktem Himmel oder Abends, wenn unser „Motor“ nur noch mit halber Kraft oder gar nicht mehr arbeitet, keine nutzbare Thermik mehr entsteht und das Segelflugzeug seine  vorhandene Flughöhe nur noch abgleiten kann. Manchmal verpasst der Pilot auch einfach nur den nächsten Aufwind. Befindet sich der Segelflugzeugpilot dabei auf einem Streckenflug und kann er im Gleitflug keinen Flugplatz mehr erreichen, dann sucht er sich ein geeignetes abgeerntetes Feld oder eine passende Wiese und landet dort. Das Flugzeug ist nicht abgestürzt, sondern außengelandet und das kommt bei längeren Streckenflügen häufig vor und stellt grundsätzlich keine Gefahr dar. Das Segelflugzeug wird dann abgerüstet und mit einem speziellen Transportanhänger zum Flugplatz zurückgebracht. Moderne Segelflugzeuge sind in 15-20 Minuten abgerüstet und im Anhänger verstaut.

 

Ist die Freiheit über den Wolken wirklich grenzenlos

Natürlich nicht. In der Fliegerei gibt es, wie in allen anderen Bereichen des täglichen Lebens, eine Anzahl von Vorschriften und Gesetzen, die eingehalten werden müssen.    So regelt der Gesetzgeber genau den Betrieb von Luftfahrtgeräten, Landeplätzen, Pilotenausbildung, Erteilung und Verlängerung von Lizenzen und vieles mehr.

Der Baden-Württembergische Luftfahrtverband (BWLV) in Stuttgart besitzt beispielsweise eine globale Ausbildungsgenehmigung für Privatpiloten in einem eng begrenzten und festgelegten Umfang. Er betreibt die Aus- und Fortbildung der Fluglehrer und prüft den Tätigkeitsumfang dieser Personen. Die Globalausbildungsgenehmigung zum Betreiben einer Flugschule gibt der BWLV bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen an seine Mitgliedsvereine weiter, wo dann die Privatpilotenausbildung im Auftrag des Verbandes erfolgt. Dadurch ist es Flugsportvereinen möglich, ihre Mitglieder selbst auszubilden.

Die Grundlagen für Erwerb und Verlängerung der Fluglizenzen unterliegen, je nach Lizenz, entweder europäischen und nationalen Vorschriften.

Für den Betrieb, die Zulassung und die Wartung von Luftfahrtgeräten (nicht nur Flugzeuge) gelten ebenfalls strenge Vorschriften. Auch hier besitzt der BWLV eine globale Lizenz zum Betrieb eines sogenannten „Luftfahrttechnischen Betriebes“ (LTB). Das hierfür erforderliche Personal wird vom Verband selbst aus- und fortgebildet und deren Tätigkeit überwacht. Die so ausgebildeten Mitglieder dürfen dann in den Luftsportvereinen selbständig Wartungs- und Reparaturarbeiten bis zu einem bestimmten Schwierigkeitsgrad durchführen. Je nach Aus- bzw. Fortbildungsstufe wird zwischen Zellenwart (Reparaturen an der Flugzeugzelle), Motorseglerwart (Wartung von Motorseglern), Motorwart (Wartung von Motorflugzeugen), Werkstattleiter, technischer Leiter und Fallschirmpacker unterschieden.

Alle Flugzeuge müssen nach einem vom Hersteller oder Gesetzgeber vorgeschriebenen Plan regelmäßig gewartet werden. Zusätzlich erfolgt jährlich eine sogenannte Jahresnachprüfung, bei welcher das Flugzeug von einem amtlich anerkannten Prüfer genauestens durchgecheckt und auf seine Lufttüchtigkeit überprüft wird.

Wichtige Komponenten (z.B. Motor, Luftschraube), Verschleißteile und das Flugzeug selbst unterliegen einer vom Hersteller vorgegebenen maximalen Betriebsdauer, nach welcher sie überholt oder ausgetauscht werden müssen. Die Überwachung aller Wartungsarbeiten und Fristen ist Aufgabe des technischen Leiters.

Nicht nur Piloten und Luftfahrtgerät unterliegen  gesetzlichen Bestimmungen, auch für den Flugplatz selbst gelten bestimmte Vorschriften. Zustand von Start- und Landebahn, Abstellflächen und Sicherheitseinrichtungen müssen den Vorgaben entsprechen und werden jährlich mehrmals von Beauftragten der zuständigen Luftfahrtbehörde überprüft. Die Pflege des Platzes ist Aufgabe des Platzwartes.

Alle Tätigkeiten und Ämter in der Fliegergruppe Riedlingen erfolgen ehrenamtlich ohne jegliche Vergütung.

Wer kann mitmachen

Segelfliegen ist ein Sport für jeden und für nahezu jedes Alter. Bereits mit 14 Jahren kann man mit der Ausbildung beginnen. Wer Motorsegler oder Motorflugzeuge fliegen will muss bei Beginn der Ausbildung mindestens 17 Jahre alt sein. Bei Minderjährigen ist die Einwilligung  des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Eine Altersbeschränkung nach oben gibt es nicht. Viele Anfänger sind bereits im Beruf erfolgreich und machen  damit einen alten Kinderwunsch wahr. Ein fliegerärztliches Tauglichkeitszeugnis ist allerdings erforderlich, das dann alle zwei Jahre erneuert werden muss. Eine Brille ist dabei grundsätzlich kein Hindernis.

Übrigens, Fliegen ist nicht, wie viele glauben, nur ein Sport für besser Verdienende. Laut Statistik des Deutschen Aero-Clubs fliegen:

28,9 %           Angestellte

23,3 %           Schüler, Lehrlinge, Studenten

18,6 %           Freiberufliche

15,6 %           Arbeiter

6,6 %              Beamte

2,1 %              Berufssoldaten

1,7 %              Hausfrauen

1,4 %              Rentner, Pensionäre